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Eröffnungsmusik Teil 1
11:27
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Eröffnungsmusik Teil 2
03:20
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Tote Strecke(n)
Abhanden gekommene Zeit
Den Bahndamm lang: keiner
sammelt mehr die Blüten der
Königskerzen.
Die Schienen laufen leer.
Bretterkreuze, da wo die Fenster
waren im Backsteinbahnhof.
Im Turm, da, wo die Uhr war,
ist ein kreisrundes Loch.
Nichts mehr, was zählt:
Abfahrt, Ankunft, Umarmungen.
Die Amsel auf der Wetterfahne
hört kein Mensch mehr.
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5. |
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Augen auf: Schlag.
Das Gedächtnis der Fotos
Der Geruch des Wachstuchs
auf dem Küchentisch, wo die
Fotos lagen. Schwarz-weisse.
Der Nachbar, Imker, Augentick,
"Den hat er aus dem Krieg",
die Mutter: "Seine Bienen sind
ein Segen für den Garten."
Seine Fotos, Russlandfeldzug,
"Nimm sie ruhig in die Hand.
Hochbrisant. Todesstrafe stand
auf Knipsen für privat." Hier
ein zerschossener Panzer, aus
dessen Turm ein Körper halb
heraushing, aufgedunsen, das
Gesicht verbrannt, ein Klumpen
seine Zunge, und da die Rümpfe
von zwei Soldaten, Puppen,
die in dem Boden steckten,
und an ein Geschütz gelehnt,
als hätt er Halt gesucht, steht
einer, der Kopf halb weggeschossen.
"Schau hin. Das ist der Krieg."
Und ich schaute hin. Genau.
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6. |
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Tod mit Herz
Aus einem Votivtafelbild
Der Tod steckt
in der Gabel fest,
und hält mein Herz
am dünnen Faden.
Der Tod heckt
aus den letzten Test,
und fällt mein Herz,
er hält es fest.
Der Tod bleckt
seiner Zähne Rest,
zählt rückwärts
ohne Gnaden.
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7. |
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Stehend Tödlein
Georg Petel Bildschnitzer zu Augsburg
Aus Lindenholz. Ein Männlein.
Steht er. Die Lederhaut in Fetzen.
Hängt sie. Löchrig.Überm Gebein.
Den Bogen hält er. Gespannt.
Der Pfeil abhanden. Kein Amor.
"Stehend Tödlein" nennt ihn
Georg Petel, Bildhauer. Den
hat der schwarze Tod geholt.
Mit 33 Jahren. Mitten im Krieg.
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Osténde
James Ensor in seinem Atelier
Die rechte Hand auf den schwarzen
Tasten seines Harmoniums sitzt er
vor "Christi Einzug in Brüssel an Fast-
nacht achzehnhundertachtundachzig".
Linker Hand, auf Augenhöhe, im Bild
der Tod mit Zylinder. James Ensor
lächelt. "Pierrot La Mort" nannten
sie ihn. Jung war er damals. Schön. Sein
Selbstbildnis, eine Radierung, dreimal
überarbeitet, bis der Tod sein Gesicht hatte,
ihm aus den Augen schaute. "Ostende",
James Ensor drückt die schwarzen Tasten,
er murmelt: "osténde domine, osténde
misericordiam tuam."
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9. |
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Übergänger
Ligier Richier´s "Transi"
Ach, das Herz! Er hält es
hoch, dem Licht entgegen.
Aufrecht steht er, Prinz von Oranien,
nackt, Reste von Haut auf
seinen ausgebleichten Knochen.
Drei Jahre Arbeit der Natur
am toten Körper. So sieht das aus.
Legende: des sterbenden Prinzen
letzter Wille: zeigt mich der Welt
drei Jahre nach dem Tod.
Und seine Frau, Anne de Lorraine,
hat es getan. Ligier Richier, sculpteur,
dem Tod sein Meisterwerk geschaffen,
ein Hochgebet. Sursum corda.
Habemus ad dominum.
Die Kunst kein Trost.
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10. |
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Rotte
Pierard de Corail´s Kreuzweg
Den Kreuzweg steil Berg hoch
mit Äxten, Beilen, Hacken
die Rotte Revoluzzer, fanatisiert,
Ziel: die steinernen Figuren
mit Johlen umgestürzt, guillotiniert.
Die Torsi, Stümpfe, kopflos
empfängt der weiche Blätterboden
und wächst sie zu mit Moos.
Der Wanderer, der steht und sieht, spürt
mehr als die Erinnerung noch.
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11. |
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Die Alte Saar
am Geburtstag 2016
Die Alte Saar fließt immer noch.
Die Kormorane fischen.
Und er ist nicht mehr da.
Und sie ist nicht mehr da.
Gedanken, die verwischen
und klaren auf
und sind inzwischen
verwunschen doch.
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Christof Thewes Schiffweiler, Germany
www.christofthewes.de
arbeitet als Posaunist, Komponist+Arrangeur .
leitet
verschiedene Ensembles und Musikprojekte von Solo bis Big Band, die sich zwischen modernem Jazz, freier Improvisation und Neuer Musik bis hin zu experimenteller Rock, Funk und Popmusik bewegen.
... more
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