1. |
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NACHT UND NEBEL
November Nacht und Nebel
drückt sich ums Haus im Bett
flach liegen schier der Tod
Luft! Luft! und aufgesetzt und
hilft doch nicht der Atemnot
zum Fenster auf! der Nebel
schiebt hinein zu! in die Küche
dort das Wasser kocht im Topf
Salbei hinein geblättert Dampf
darüber jetzt den müden Kopf
dann lang und tief der Atemzug
Luft! Luft! geholt er macht
die Lunge weit November Nacht
löst sich der Krampf
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2. |
Nächtens - Im neuem Haus
08:17
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IM NEUEN HAUS
Im neuen Haus die Eltern aus
gegangen auch die Schwester ich
allein im neuen Haus noch klein
„schon groß genug doch doch“
Stockdunkelheit das Haus fängt an
zu leben Herr Störtebecker Kopf
unterm Arm ächzt er die Treppe hoch
kommt mich zu seiner Mannschaft
holen über mir im Dachgebälk wispert
die Alte Wetterhexe Essigatem Spinnenfinger
vom Wandschrank klopft der Totenwurm
Holländermichels Sarg klappt auf
der Stundenschlag vom Glockenturm
halt jetzt die Luft an jetzt ja jetzt
dann schreien schrei so laut du kannst
ich kann es kann es nicht kein
Ton aus meinem Mund der Atem
stockt bin ich scheints tot vor Angst
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3. |
Nächtens - Kur
08:58
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KUR
Das Meer du hörst es atmet schwer
das Meer wies mit sich spricht
im Schlafsaal brennt noch Licht
die Notbeleuchtung ist noch an
zur Sicherheit der Weg zum Flur
du hörst ein Stöhnen Röcheln dann
und wann aus einem der zwölf Betten
Salzluft die Insel meerumschlungen
Jodgehalt Geruch nach Tang der
Strandlauf täglich die zwölf Jungen
hierher verschickt die Atemnot
Erholung für die kranken Lungen
das Meer du hörst es atmet schwer
es keucht und stöhnt wies schreit
du hörst das ist nicht mehr das Meer
es ist im Film in einem Lazarett
hinter der Front die schweren Fälle
hoffnungslos von Bett zu Bett
das Schreien jetzt so hart so laut
Filmriss helles Licht die Krankenschwester
steht an einem Bett beruhigend spricht
sie auf den Jungen ein der hält sie fester
und keucht und stöhnt und atmet schwer
es ist du hörst kaum noch das Meer
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4. |
Nächtens - Liebeswiese
05:18
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LIEBESWIESE
Nachtwanderung den Bach entlang
bis zu dem Alten Mühlen Grund
der Freund mein Bruder Shatterhand
legt mir den Finger auf den Mund
anschleichen durch das hohe Gras
von wo ein seltsames gepresstes Stöhnen
kommt in Schlangenart Indianerspaß
und da ganz nah vor uns zwei Schatten
die sich bewegen auf und ab der eine
würgt der andere stöhnt in Todesangst
wir müssen müssen etwas machen
schon will ich vorwärts stürzen da
hält Old Shatterhand mich fest zurück
wir schleichen Schlangenart zum Bach
dort bricht der Freund in Lachen
aus erklärt mir alles Stück für Stück
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5. |
Nächtens - Manhattan Alp
06:02
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MANHATTAN ALP
Ein Mühlstein schwer ein jeder Atmer
Manhattan Hitze Sommernacht
und kaum noch Luft und aufgewacht
die Augen weit der Mund die eine Hand
hält ihn verschlossen die andre drückt
mir auf den Hals den Atem ab
auf meiner Brust ein schwarzer Mann
ein Mühlstein schwer mich nicht bewegen
lieg ich toten starr und höre wie er sagt
das Geld wo ist das Geld ich will das Geld
sonst nichts von dir
ich gebe mit den Augen Wink dass neben mir
dort auf dem Stuhl die Tasche steht
in der das Geld zu finden wär
die Hand von meiner Kehle geht
zur Tasche öffnet sie ein Griff der Schlag
ich wache auf schon heller Tag
Manhattan Sommerhitze heiß
das Fenster offen Tasche offen
ist was ich weiß
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6. |
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DER KATZENMANN
Nachts wieder unterwegs die Stadt
mit anderen Geräuschen und Gerüchen hat
vielmehr auch andere Lebewesen
als tags die Luft mit einem unsichtbaren Besen
rein gefegt zieht durch die Straßen
ein Labsal für geplagte Atemwesen
wie mich die in vier Wänden fast ersticken
und so auf diesem Weg die Stadt entdecken
ich drehe meine Runden kenne alle Ecken
wo bunte Hunde und die Katzen sich verstecken
und treffe dort den Katzenmann
nur nachts kann man ihn treffen
die Menschen gehen mich nichts an
ich kenne sie zu gut zu gut sagt er
sie interessieren mich nicht mehr
und stellt zwei große Taschen hin
und nickt dass ich wie meine Katzen bin
tags schlafen und nachts unterwegs
macht mich zu einem Sonderling
was macht s es kratzt mich nicht
nimmt kleine Teller füllt sie stellt
sie bei der Ecklaterne unters Licht
und pfeift ein hohen Ton mein Geld
ist alles nur für meine wilden Katzen
was kümmert mich der Rest der Welt
|
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7. |
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SCHUTZ UND SCHIRM
Unter deinen Schutz und Schirm fliehen
wir oh heilige Gottes Gebärerin
verschmähe nicht unser Gebet
in diesen unseren Nöten
wir halten uns aufrecht wir knien
uns nicht auf den Boden hin
wir stehen um das Krankenbett
ich höre uns noch beten
ununterbrochen keine Atempause beten wir
Vater Mutter Bruder Bruder und ihr
Mann Schwesters Hand fest in der seinen
sehe ich zum ersten mal den Vater weinen
vor Tagen schon am Telefon
hab ich gehört er schluckt mein Sohn
deine Schwester er bricht ab hat keine Stimme mehr
Pause Schluchzen dann die Mutter
sagt ganz ruhig und mit fester
Stimme zittert nicht nein deine Schwester
keine Hoffnung mehr sie stirbt
die Tage dann im Krankenhaus
der Schwester in die Augen schauen
ihr Blick sucht fragt wem soll sie trauen
flüstert sie mir zu wenn ich wüsste
dass ich morgen sterben müsste
würde ich wahnsinnig werden augenblicklich hier
stehen wir um ihr Sterbebett und beten
in diesen unseren Nöten
und ich weiß sie weiß die Augen groß
betet mit und jedes Wort ein Atemstoß
und dann beten wir allein
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8. |
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9. |
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10. |
Toskana - Nastro Azzurro
03:23
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11. |
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12. |
Toskana - Lama
02:30
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13. |
Toskana - Alois Riggollo
00:35
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14. |
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15. |
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16. |
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17. |
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18. |
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19. |
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20. |
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21. |
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22. |
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Alfred Gulden
Der Sonnen/Blumen/Kerne/Spucke
1.
Da gibt es eine große Stadt,
die hat einen Häuserblock,
der hat einen Hinterhof,
da wächst eine Sonnenblume
an der Wand.
2.
Und in dieser großen Stadt,
mitten in dem Häuserblock,
unten auf dem Hinterhof
sitzt ein kleiner Junge.
Der heißt Andreas.
3.
Es ist Ferienzeit.
Heiß ist es.
Alle sind sie weggefahren.
Nur Andreas ist allein.
Er langweilt sich.
4.
Plötzlich schaut er zu der Sonnenblume auf.
Die Sonnenblume strahlt.
Wie schön sie ist,
denkt er sich laut
und stellt sich neben sie.
5.
Wie groß sie ist!
Doppelt so groß wie ich
und noch viel größer!
Wie die gewachsen ist
aus dem kleinen Sonnenblumenkern!
6.
Andreas fasst sie an dem Stängel
und biegt sie zu sich ab,
ganz vorsichtig,
damit sie ihm nicht bricht,
biegt er sie.
7.
Er beugt sich über sie
und schaut sie an.
So wie die Sonne, wirklich,
so wie die Sonne,
denkt er sich.
8.
Dann pickt er mit der einen Hand
sich einen Sonnenblumenkern
und steckt ihn in den Mund
und kaut und kaut: Iiiiii!
spuckt ihn dann aus.
9.
Da!
Plötzlich - er erschrickt:
Wo er den Sonnenblumenkern hin ausgespuckt hat,
sieht er ein großes Loch,
ein großes Loch im Boden.
10.
Erschrocken lässt er die Sonnenblume los.
Die schnellt zurück.
Andreas kniet sich hin,
schaut in das Loch
und ruft: Hallo! Hallo
11.
Hallooo! Klingt es von unten.
Mensch, muss das tief sein,
denkt Andreas sich,
unheimlich tief,
und sucht sich einen Stein.
12.
Den lässt er fallen in das Loch.
Der fällt und fällt.
„Mensch, muss das tief sein“
sagt Andreas laut
und schaut ihm nach.
13.
Da sieht er eine Leiter,
die nach unten führt.
Da steig ich runter,
denkt er sich,
das muss ich sehn!
14.
Er steigt nach unten auf der Leiter.
Da sieht er plötzlich Licht.
Da ist ein Gang.
Andreas denkt,
da geh ich rein, mal sehn!
15.
Schon steht er in dem Gang.
Da
zieht es ihm die Beine weg,
er rutscht und rutscht nach unten
rasend schnell
16.
und schneller geht es
und durch Kurven,
wie auf der Achterbahn.
Doch plötzlich sieht er auf sich zu
tausend bunte Lichter kommen.
17.
Ein Platz, ein großer Platz
mit Lichtern, Lichtern, Lichtern
von überall in allen Farben
strahlen sie und wechseln ständig
ihre Farben.
18.
Da wachsen Lichter von der Decke
spitze, kurze, lange, runde.
Und Lichter wachsen aus dem Boden:
Röhren, Blasen, Zacken, Beulen,
so sehn sie aus.
19.
Andreas steht und schaut.
Soviel auf einmal!
Er schließt die Augen,
atmet tief,
dann öffnet er die Augen wieder.
20.
Da vorne, was ist das?
Die Straße färbt sich um,
die Straßendecke leuchtet
in bunten Lichterpflastersteinen,
ein Fleckerlteppich nur aus Lichtern!
21.
Und da:
ein Park aus Lichterbäumen,
die Blätter strahlen bunt,
sogar die Blumen haben Lichter - Kerzen,
brennen.
22.
Und Vögel wie aus Glas,
durchsichtig fast, die
hüpfen auf den Ästen, fliegen fort.
Und Käfer, Würmer, leuchtend,
kriechen schnell davon.
23.
Andreas steht und schaut.
Zuviel auf einmal!
Wo er den Kopf hin dreht,
zeigt sich ihm neues –
irr!
24.
Jetzt hinter ihm – er dreht sich um -
da stehen zwei,
das sind doch,
sind doch Menschen!
Ja, so sehn sie aus.
25.
Auch sie wie Glas,
durchsichtig fast.
Die scheinen sich zu unterhalten.
Aber wie! Das muss ich sehn!
26.
Dem einen läuft der Kopf rot an,
dem anderen die Ohren.
Dann wird der eine weiß wie Kalk,
der andere grasgrün.
Jetzt sind sie beide kornfeldgelb!
27.
Das alles wechselt schnell
und unaufhörlich.
Jetzt strahlt die Nase von dem einen blau,
der andere hat schwarze Hände.
Auf einmal sind sie beide rosa!
28.
Und dann, dann kommen Blasen
aus dem Mund des einen und
aus dem Mund des anderen auch:
mal rot, mal blau, mal gelb,
mal grün, mal violett, gemischte
29.
und steigen hoch und treffen sich
und platzen leicht, ganz leicht,
kein Ton,
ja, überhaupt kein Ton!
Andreas horcht:
30.
Doch!
Ein tiefer Ton, ein Summen,
Brummen wie von einer dicken Fliege,
die ganze Zeit schon so
von überall ununterbrochen.
31.
Und jetzt ein hoher Ton,
ein Sirren.
Andreas folgt dem Ton.
Da sieht er Lichter-Bälle fliegen
zwischen Kindern.
32.
Kinder- auch sie wie die Erwachsenen-
scheinbar aus Glas,
durchsichtig jedenfalls,
spielen mit Lichter-Bällen
in dem Park.
33.
Die Bälle leuchten bunt
in allen Farben auf
bei ihrem Flug
von einer Hand zur anderen
und sirren so.
34.
Andreas steht geblendet.
Ein Licht, ein helles Licht von überall
macht alles weiß, so weiß,
dass er die Augen schließen muss
für eine Weile.
35.
Ganz vorsichtig, geblinzelt,
öffnet er die Augen wieder
und erschrickt:
dunkel ist es,
nichts mehr zu sehen,
stockdunkel!
36.
Andreas strengt die Augen an.
Vergeblich.
Dunkel ist und bleibt es.
Was tun?
Andreas überlegt.
37.
Doch da auf einmal
sieht er einen Lichtstrahl,
regenbogenfarben,
der führt nach oben.
Mal probieren, denkt Andreas
38.
und setzt sich auf den Lichtstrahl.
Siehe da!
Das geht ja wie der Blitz, blitzschnell!
Andreas fährt auf ihm
nach oben!
39.
Schon ist er wieder in dem Schacht.
„Da ist ja auch die Leiter“, sagt er
und steigt nach unten, weiter nach unten.
Da hört er etwas:
das kommt aus einem anderen Gang.
40.
Da muss ich rein!
Mal hören!
Vorsichtig tastet er sich in den Gang,
dass er nicht ausrutscht,
passt er auf.
41.
Ganz wenig Licht,
fast dunkel ist es.
So grau-grün, blau-schwarz
sieht das alles aus
in diesem Gang.
42.
Andreas zuckt zusammen.
Was war das?
Tritt dann ganz leise, leise auf.
Schon wieder!
Er bleibt stehen.
43.
Nichts.
Nur aus der Ferne das Geräusch.
Schon geht er weiter.
Da!
Der Ton!
44.
Kaum macht er einen Schritt,
kaum tritt er auf,
schon hört er Töne!
Von unter seinen Füssen
kommen sie.
45.
Jetzt,
fast wäre er gestolpert.
Das sind ja Balken, quer,
wie bei den Schienen bei der Eisenbahn,
denkt sich Andreas laut.
46.
Und jeder Schritt gibt einen Ton.
Ich gehe über ein Klavier,
über die Tasten, sagt Andreas
und er beginnt zu hüpfen:
vorwärts, hoch, auch rückwärts.
47.
Das klingt!
Mit meinen Füssen mache ich Musik,
freut sich Andreas,
und er hüpft weiter,
bis er in eine riesen-große Höhle kommt.
48.
Andreas schaut und schaut,
strengt seine Augen an,
soweit er sehen kann,
sieht er nur Hügel, Hügel,
grau-grün, schwarz-blaue auch.
49.
Auf einem Hügel stehen Stangen, Rohre,
dicke, dünne, breite, schmale, hohe, kurze,
und Löcher haben sie.
Was soll denn das sein?,
denkt Andreas sich.
50.
Auf einem anderen Hügel wachsen Bäume.
Komische Blätter haben die,
die schauen aus wie, wie
Glöckchen, Schellen, Rasseln
und schimmern silbrig.
51
Das ist doch - eine Windmühle,
auf diesem Hügel da!
Die großen Flügelblätter stehen still.
Ein Kreuz, so sehn sie aus.
52.
Rund um den Hügel,
auf dem die Mühle steht,
da läuft ein Zaun
mit vielen Drähten
silbernen und goldenen.
53.
Wo ist denn das Geräusch?
Ich hab das doch gehört!
Vorhin. Von weitem schon.
Wo bleibt es nur?
Es muss doch da sein!
54.
Kaum hat Andreas das gesagt,
da fährt ein Windstoß über seinen Kopf.
Und was für einer!
Das ist schon starker Sturm!
Die Haare zaust er ihm.
55.
Und da auf einmal:
es läutet, klingelt, rasselt,
es knarzt, es rumpelt, dröhnt,
es pfeift, es brummt, es summt,
es orgelt, zirpt und schallt.
56.
Der Wind pfeift durch die Rohre,
rüttelt an den Schellenbäumen und
lässt die Glöckchen läuten,
dreht die Flügelblätter knarzend und
macht die Drähte an den Zäunen singen.
57.
Musik! Musik!
Andreas hüpft und springt,
klatscht in die Hände,
schreit und ruft und singt:
„Musik! Musik!“
58.
Auf einmal ist es still, mucksmäuschenstill.
Nur noch Andreas
klatscht und springt und singt.
Erschrocken hält er inne.
Was ist los?
59.
Der Wind hat aufgehört.
Andreas schaut sich um.
Auf einem Hügel sieht er
wie Scherenschnitte, Schattenrisse -
so sehen Menschen aus!
60.
Andreas hört sie sich bewegen:
der eine schnalzt und pfeift,
der andere schnipst mit den Fingern,
der dritte klopft und stampft,
der vierte zischt und ächzt.
61.
Jetzt wechselt es:
jetzt stampft und klopft der eine,
der andere, der zischt und ächzt,
der dritte schnalzt und pfeift,
der vierte schnipst mit seinen Fingern.
62.
Das Zischen, Pfeifen, Schnipsen,
Schnalzen, Klopfen, Stampfen, Ächzen
wird jetzt schneller, lauter.
Auch die Bewegungen: sie tanzen!
Andreas steht und staunt.
63.
Dann lacht er laut.
Auf einen Schlag verstummen
die auf dem Hügel oben,
stehen starr .
Unheimlich, denkt Andreas.
64.
Nur weg von hier!
Er dreht sich um und läuft
über den Tastenweg zurück
so schnell er kann
den Gang hindurch bis zu dem Schacht.
65.
Endlich, was für ein Glück: die Leiter!
Andreas überlegt:
nach oben wieder oder weiter runter?
Hm!
Von unten riecht es aber gut!
66.
Er fasst sich Mut.
Und außerdem:
Andreas hat jetzt Hunger,
und der Geruch von unten:
da gibt es was zu essen!
67.
Und der Geruch! Ein Duft,
je näher er dem kommt:
Zimtplätzchen, Erdbeermarmelade,
Vanillepudding, Himbeerbonbons
riechen so.
68.
Da: ein Gang!
Nur schnell hinein!
Andreas läuft das Wasser schon im Mund zusammen!
Der Hunger macht ihm Beine!
Hm! Wie gut das riecht!
69.
Andreas zieht den Duft tief ein.
Er schmeckt schon all die guten Sachen.
Aber:
was er jetzt sieht,
verschlägt ihm doch die Stimme!
7o.
Auf einer großen, grünen Wiese
wachsen Spaghettihecken
um einen Ketchupteich!
Pommes-frites, Pommes-frites, Pommes-frites
Holz- stapelweise aufgeschichtet !
71.
Und knallbunte Gummibonbonblumen wachsen
rechts und links von einem Zuckerweg.
Lakritzestangen haben Sahnemützen auf,
Kaugummibäume biegen sich,
so viele Kugeln hängen dran!
72.
Hoch oben ziehen Zuckerwattewolken
über einem Tortenhochhaus,
noch im Bau.
Der Bauzaun ist aus Schokoladeriegeln,
und der Zement ist Marzipan.
73.
Und Bäche fließen durch die Wiese:
Milchmixgetränke:
Vanille, Erdbeer, Ananas,
Banane, Himbeer, Schokolade!
Rotweiß gestreift das Trinkhalmschilf.
74.
„Schlaraffenland!
Das ist ja das Schlaraffenland!
Dass es das gibt!
Dass es das wirklich gibt!“
ruft Andreas laut und
75.
stürzt sich voll hinein ins Essen,
nascht hier nascht da,
trinkt auch dazwischen,
bis er nicht mehr kann
und satt ist, satt...
76.
und müde...
Andreas sucht sich einen Platz zum ausruhn:
“Da, da unter dem Kaugummibaum“: sagt er
und will sich hinlegen,
da sieht er plötzlich:
77.
Von weitem so komische Gestalten kommen,
die haben spitze, lange Nasen,
mit denen riechen sie an allem.
Und Zungen, Zungen lang wie Arme,
mit denen schlecken sie an allem!
78.
Andreas sieht sie näherkommen.
„Nur das nicht!“, denkt er.
Auf und davon: den Zuckerweg zurückgeschlittert
und durch den Gang
bis zu der Leiter.
79.
„Mensch, bin ich müde!“
sagt Andreas und steigt weiter abwärts,
und kommt zu einem Gang,
der ist stockdunkel,
nichts, aber auch gar nichts ist zu sehen.
8o.
Andreas tappt und tastet
sich durch den finsteren Gang.
„Au!“
Da gibt es Kanten, Ecken,
Scharfes, Spitzes...
81.
Vorsichtig fühlt sich Andreas vor:
„Iiiiiii!“
Das ist ja feucht, so glitschig
wie ein Schwamm, ein Waschlappen
fühlt das sich an!
82.
Schon wieder!
Eine Kante, Ecke,
zackig sticht sie vor.
„Vorsichtig, Vorsicht!“
mahnt Andreas sich.
83.
Dann geht es wie durch Schlamm
so weich, die Füße sinken ein,
und wieder raus ziehn, vorgesetzt,
und sinken ein und raus ziehn!
Mühselig ist es, hier zu gehen!
84.
„Mensch, bin ich müde!“
seufzt Andreas,
da!
rutscht er aus, will sich wo halten,
vergeblich – fällt
85.
in eine Mulde,
die scheint gepolstert, Moos,
samtweich fühlt sie sich an,
und warm und trocken
liegt Andreas.
86.
„Ach, tut das gut!
Was bin ich müde“,
sagt Andreas noch,
dann kuschelt er sich ein
und fällt in einen tiefen Schlaf.
87.
Doch
in seinem Kopf
die Bilder, Bilder, Bilder,
die laufen alle durcheinander,
die geben keine Ruhe.
88.
Da schweben Seifenblasen
in allen Farben
durch den blauen Himmel
vorbei an Zuckerwattewolken
hinauf zur Sonnenblumensonne
89.
und andere zerplatzen
auf den Hügeln an den Windorgeln,
und andere , die bleiben hängen
zwischen den silbernen und goldenen Drähten
von den Zäunen.
90.
Die vielen Milchmixbäche
fließen über die grüne Wiese
und laufen ineinander, mischen sich
wie Farben auf der Palette
eines Malers.
91.
Das Tortenhochhaus schmilzt,
wird kleiner, der Zuckerguss
der bröckelt, bricht, da!:
das Tortenhochhaus fällt jetzt
auseinander.
92.
Und die Lakritzestangen mit den Sahnemützen
biegen sich im Wind;
der schüttelt auch die Schellenbäume,
treibt die Glasvögel vor sich her
und rüttelt an den Windmühlenblätter.
93.
Da schnalzen, schnipsen, klatschen,
klopfen, stampfen, pfeifen
die Schattenmenschen und tanzen wild,
und mitten unter ihnen
werfen die Lichter-Menschen Leuchtbälle in die Höhe.
94.
Die Nasenleute
die sind auch dabei
und reiben sich die Nasen gegenseitig
und strecken ihre Zungen raus
und schlecken, schlecken, lecken.
95.
„Nur das nicht!“
Andreas reibt sich das Gesicht
und öffnet schnell die Augen.
Da - sieht er neben sich:
Myra, den Hund!
96.
Der leckt ihm über das Gesicht.
„Wo kommst denn du her ?-
Und - wo, wo bin ich denn?!“
ruft Andreas laut
und schaut sich um.
97.
Er sitzt da an der Wand
im Hof, und neben sich die Sonnenblume,
die strahlt noch immer.
„Das Loch!
Wo ist das Loch im Boden?“
98.
Andreas gräbt und gräbt
vor sich im Hof ein Loch.
Mit beiden Händen gräbt er.
Der Hund schaut zu,
dann hilft auch er.
99.
„Da muss ein Loch sein,
ein tiefes, tiefes Loch!
Und auch die Leiter! Und die vielen Höhlen!“
- Nichts!
Nichts da. Soviel er gräbt.
100.
Er gibt auf.
Nur Myra buddelt noch.
„Hör auf, Myra, lass sein!“
Andreas ist todtraurig:
Wieso, wieso ist alles weg?
101.
Auf einmal kommt ihm die Idee:
er fasst die Sonnenblume fest am Stängel
und biegt sie zu sich ab,
vorsichtig, ganz vorsichtig,
damit sie ihm nicht bricht.
102.
Dann pickt er mit der einen Hand
sich einen Sonnenblumenkern
lässt dann die Sonnenblume los,
die schnellt zurück,
Andreas hat den Sonnenblumenkern.
103.
Den spuckt er in das Loch
und füllt es wieder auf mit Erde.
„Mal sehn, was daraus wird,
mal abwarten!“
sagt er und lacht.
|
Christof Thewes Schiffweiler, Germany
www.christofthewes.de
arbeitet als Posaunist, Komponist+Arrangeur .
leitet
verschiedene Ensembles und Musikprojekte von Solo bis Big Band, die sich zwischen modernem Jazz, freier Improvisation und Neuer Musik bis hin zu experimenteller Rock, Funk und Popmusik bewegen.
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